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22. Juni 2022 | Papst Franziskus korrigiert den deutsch-synodalen Sonder-Weg

Synodaler Weg? – „Soll die Kirche in Deutschland wieder Anschluss an die Weltkirche gewinnen, dann sollte nicht nur der Brief von Papst Franziskus gelesen, sondern auch endlich das II. Vatikanum zur Kenntnis genommen werden.“ | Download Dokument


Autor: Gerhard Kardinal Müller
Quelle:
www.kath.net

In ungewöhnlicher Klarheit hat Papst Franziskus den deutsch-synodalen Weg als Sackgasse erkannt, indem er im Vergleich zu den protestantischen Gemeinschaften in Deutschland sagte: „Wir brauchen keine zweite Kirche dieser Art.“ Diese Warnung enthält keine implizite Kritik an der „Evangelischen Kirche in Deutschland“ (EKD) noch ihre Anerkennung als Kirche „im eigentlichen Sinne“ (Dominus Jesus 17; vgl. auch Confessio Augustana 8).

Denn entsprechend dem katholischen Glauben ist die Kirche Christi geschichtlich und gesellschaftlich „verwirklicht in der katholischen Kirche, die vom Nachfolger Petri und von den Bischöfen in Gemeinschaft mit ihm geleitet wird.“ (II. Vatikanum, Lumen gentium 8).

Worauf der oberste Lehrer der Christenheit hinaus will, ist vielmehr der Verlust der katholischen Hermeneutik (Erkenntnislehre), mit der sich das Gremium „Synodaler Weg“, aber auch Zwei Drittel des Deutschen Episkopates, nicht nur ins Schisma bewegen, sondern direkt in einen apostatischen Widerspruch geraten sind zum katholischen Glaubensbekenntnis und das Adjektiv „katholisch“ zu einer bloß traditionellen Floskel entwertet haben. „Katholisch-Sein“ bedeutet aber nicht, die politischen und finanziellen Ressourcen der deutschen Bistümer zu benutzen, um sich unter Beibehaltung des Etiketts eine Kirche zurechtzubasteln, die mit dem „Geheimnis, das in ihrer Gründung im drei-einigen Gott offenbar wird“ (Lumen gentium 5) nicht mehr das Geringste zu tun hat. Das Katholisch-Sein ist von Gottes universalem Heilswillen her inhaltlich bestimmt. Die Kirche kann also nicht mit politischen, sozio-psychologischen und schon gar nicht mit ideologischen Kategorien in ihrem Wesen und ihrer göttlichen Sendung begriffen oder auf eine weltliche Organisation reduziert werden. Der entscheidende Mangel beim Frankfurter Gremium ist die Leugnung der Sakramentalität im vollen Gegensatz zur Lehre des II. Vatikanum, die besagt: „Die Kirche ist ja in Christus gleichsam das Sakrament, das heißt Zeichen und Werkzeug für die innigste Vereinigung mit Gott wie für die ganze Menschheit.“ (Lumen gentium 1). Nur jene heißen in Wahrheit Katholiken im Sinne des aktiven Bekenntnisses, die „der Gemeinschaft der Kirche voll eingegliedert sind, die im Besitze des Geistes Christi, ihre ganze Ordnung und alle in ihr eingerichteten Heilsmittel annehmen und in ihrem sichtbaren Verband mit Christus, der sie durch den Papst und die Bischöfe leitet, verbunden sind, und dies durch die Bande des Glaubensbekenntnisses, der Sakramente (vgl. LG 11) und der kirchlichen Leitung und Gemeinschaft.“ (Lumen gentium 14).

Nur nebenbei sei gegen die törichte Behauptung, die gegenwärtige Kirche sei ein ideologisches Konstrukt des 19. Jahrhunderts, bemerkt, dass schon der kürzlich als „Kirchenlehrer der Einheit“ anerkannte Irenäus von Lyon im 2. Jahrhundert gegen die Gnostiker und Manichäer die apostolisch-überlieferte Glaubensregel gleichen Inhaltes formulierte (Adversus haereses I, 10). Im Unterschied zur altprotestantischen Hermeneutik (,d.h. theologischen Erkenntislehre) mit dem Prinzip „sola scriptura“, dass also das Wort Gottes nur in der Heiligen Schrift enthalten sei und das einzige Kriterium des geoffenbarten und rechtfertigenden Glaubens darstelle, und zur neuprotestantischen Sicht, dass Jesus nur ein moralisches Beispiel und eine Membran unseres Gottesgefühls sei, lehrt die katholische Kirche: „Die Heilige Überlieferung und die Heilige Schrift bilden den einen der Kirche überlassenen heiligen Schatz des Wortes Gottes.“ (Dei verbum 10).

Im „übernatürlichen Glaubenssinn des ganzen Volkes“ Gottes (Lumen gentium 12) wird der Kirche unter der Leitung des Lehramtes von Papst und Bischöfen die ganze Tiefe und Breite der ein für allemal in Christus ergangenen Offenbarung und Selbstmitteilung Gottes als Gnade und Wahrheit für jeden Menschen fortwährend und vertiefend bewusst und klar. Aber es gibt keine neue Offenbarung. Der Heilige Geist ist der Geist des irdischen und erhöhten Christus und nicht das Kondensat zeitgeistiger Ideologien, die die natürlichen Wahrheiten über Welt und Mensch und die geoffenbarte Wahrheit Gottes selbst ergänzen, korrigieren und durch propagandistisches Framing aus bischöflichen Websites verfälschen würde.

Papst Franziskus hat seine Ablehnung der Substitution des katholischen Glaubensbekenntnisses durch selbstgebastelte Ideologien unterstrichen, indem er einen schwedischen Kardinal als Vorbild nannte, der mit vielen hunderten nichtdeutschen Bischöfen, die irrigen Erkenntnisprinzipien des deutsch-synodalen Weges auf den Begriff brachte, ohne sich von dreister deutscher Professorenarroganz blenden zu lassen.

Auf die Irrtümer im Einzelnen braucht hier nicht näher eingegangen zu werden, weil sie folgerichtig aus einer offenbarungswidrigen Grundposition hervorgehen.

Auffällig ist nur die monothematische Fixierung auf die Sexualität, die – auf bloße Triebbefriedigung reduziert – ein Menschenbild ohne den lebendigen Gott verrät, das man nur als anthropologischen Nihilismus bezeichnen kann, wenn auch noch die Rede ist von Liebe auf der Ebene narzisstischer Sentimentalitäten, aber nicht mehr im christologischen Sinn von Liebe als Hingabe und Opfer.

Wo nicht mehr „die Liebe das Band der Vollkommenheit“ (Kol 3, 14) ist, das alle Glieder des Leibes Christi zusammenhält, bleibt in einer theologisch entkernten Gesellschaft nur noch „der Wille zur Macht“ als Triebfeder zur Sicherung von Einfluss und zur Verfügung über die Finanzmittel. Im Gegensatz zu der ungeheuren Anmaßung der „Synodalen“ über die Notwendigkeit des sakramentalen Amtes von Bischöfen, Priestern und Diakonen zu entscheiden, hat das II. Vatikanische Konzil „auf die große Würde des Priesterstandes hingewiesen.“ (Presbyterorum ordinis 1). Diesem Stand kommen demnach „bei der Erneuerung der Kirche Christi höchst bedeutsame und unstreitig immer schwierigere Aufgaben zu.“

Das aus dem Apostolat hervorgegangene dreigliedrige Dienstamt der Bischöfe und Presbyter und Diakone ist keineswegs biblisch unbegründet und nur eine Sonder- oder Fehlform seiner eigenen Entwicklung, sondern die Fortsetzung der Sendung Christi vom Vater (Joh 20, 21) in der Vollmacht des Heiligen Geistes (Apg 20, 28). Es wird durch das Sakrament der Weihe übertragen, in dem Christus als Haupt der Kirche im Heiligen Geist selbst die Bischöfe/Priester als Hirten einsetzt und ihnen die geistliche Vollmacht gibt „an Gottes Stelle der Herde vorzustehen, deren Hirten sie sind, als Lehrer in der Unterweisung, als Priester im heiligen Kult und als Diener in der Leitung.“ (Lumen gentium 20).

Auch der verbissene Kampf gegen den Zölibat der Priester und die infame Verdächtigung der frei gewählten charismatischen Ehelosigkeit um des Himmelreiches willen als Quelle und Ursache sexueller Perversionen bis zu kriminellen Übergriffen auf Heranwachsende, ist ein schlagender Beweis für die Distanz zum katholischen Denken und überhaupt für die Leugnung der Gnade, die der Natur nicht widerstreitet, sondern sie reinigt, erhebt und vollendet. Auch hier befindet sich die Mehrheit der Frankfurter Synodalen auf dem Holzweg und steht in Gegensatz zur Übernatürlichkeit des Glaubens und der Sakramentalität der Kirche, wenn das II. Vatikanum sagt: „Die Kirche hat die vollkommene und ständige Enthaltsamkeit um des Himmelreiches willen, die von Christus, dem Herrn empfohlen,… besonders im Hinblick auf das priesterliche Leben hochgeschätzt.“ (Presbyterorum ordinis 16).

Soll die Kirche in Deutschland wieder Anschluss an die Weltkirche gewinnen, deren Teil sie ist und ohne die sie nicht mehr katholisch wäre, dann sollte nicht nur der Brief von Papst Franziskus an das pilgernde Volk Gottes in Deutschland gelesen, sondern auch endlich das II. Vatikanum zur Kenntnis genommen werden, besonders mit seiner theologischen Erkenntnislehre in der Dogmatischen Konstitution über die Göttliche Offenbarung „Dei verbum“ und auch die Dogmatische Konstitution über die Kirche „Lumen gentium.“

Nur so kann man die Austrittswelle bremsen und die innere Emigration der ernsthaft Gläubigen überwinden, wenn man sich und anderen klar macht, dass die Kirche nicht das kümmerliche Produkt von Beschlussvorlagen und Wortbeiträgen wichtigtuerischer Delegierter ist, sondern „das im Mysterium schon gegenwärtige Reich Christi, das durch die Kraft Gottes sichtbar wächst in dieser Welt.“ (Lumen gentium 3). „Durch die Kraft des Evangeliums lässt der Heilige Geist die Kirche allezeit sich verjüngen, erneuert sie immerfort und geleitet sie zur vollkommenen Vereinigung mit ihrem Bräutigam. Denn der Geist und die Braut sagen zum Herrn Jesus: ‚Komm‘. So erscheint die ganze Kirche als das ‚von der Einheit des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes geeinte Volk.‘“ (Lumen gentium 4).


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